Am 15.3.72 spielte in der TU
die amerikanische Rockgruppe MC 5. Wie üblich, fing das Konzert verspätet
an. Der Eintritt von 2 DM war ein Solidaritätsbeitrag für die Rote Hilfe,
die Gefangene unterstützt. Es war gerammelt voll.
Die MC 5 wurden 1968
bekannt, als sie bei der Demonstration während des Kongresses der
Demokratischen Partei in Chikago spielten, wobei bei Kämpfen mit der
Polizei 4 Demonstranten erschossen wurden. Nach ihren Konzerten zerschlugen
sie ihre Instrumente und demonstrierten mit den Fans auf der Straße gegen
die ungerechten Verhältnisse.
Während der Veranstaltung
an Sonntag informierten Jugendgruppen über ihre Arbeit.
Die MC 5 heizten mit ihrer Musik unheimlich
ein. Am Ende der
Veranstaltung rief ein Jugendlicher zu einer Hausbesetzung in der
Lützowstr.3 auf. 300 Teilnehmer fuhren zusammen mit der BVG schwarz zur
Lützowstraße und besetzten das Haus mit, der Rest
stand davor. |
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Nach einer Stunde fuhren
Mannschaftswagen der Polizei vor. Es kam jedoch zu keiner
Auseinandersetzung, da das Bezirksamt Tiergarten zusicherte, daß das Haus
diese Nacht nicht geräumt werde.
Am nächsten Tag liefen die
Verhandlungen mit dem Bezirksamt auf Hochtouren. Am Montag kam das Gerücht
auf, daß das Haus um 20h geräumt werden solle. Daraufhin versammelten sich
100 Jugendliche im Haus und bereiteten sich auf den Kampf mit der Polizei
vor. Gegen 21.30h kehrte die Verhandlungsdelegation von der
Bezirksverordnetenversammlung zurück und
berichtete, daß die Verhandlungen unter der Bedingung weitergeführt
werden, daß das Haus bis 2h geräumt ist.
Kurz vor 2h, als die Spannung ihren Höhepunkt erreicht
hatte, kam ein SPD-Bezirksverordnetetenversammlung-Mitglied! und erklärte,
daß diese Nacht keine Polizeiaktion mehr erfolgen werde. Die restlichen
Jugendlichen gingen nach Hause.
Das
Vertrauen der Leute wurde aufs Gröbste mißbraucht, denn gegen Morgen um
6h, als noch 22 Jugendliche im Haus waren, erschien ein 400 Mann starkes
Polizeiaufgebot und räumte gewaltsam das Haus.
Kritik
an der Hausbesetzung
Aus den Besetzungen des Jugendzentrums Kreuzberg und des Georg von Rauch
Hauses hätte man eigentlich lernen können, daß eine Hausbesetzung nur
erfolgreich sein kann, wenn sie sorgfältig vorbereitet wurde und wenn es
feste Gruppen gibt, die hinterher in dem Haus arbeiten wollen.
Diese Voraussetzungen waren in der Lützowstraße nicht gegeben. Die meisten
Besetzer kamen aus dem Jugendzentrum Kreuzberg und dem Georg von Rauch
Haus, und erst nach langen Fragen erklärten einige der Anwesenden, die
gehörten zu den "festen Gruppen". Selbst einer der "führenden Köpfe" der
Besetzer mußte zugeben, daß "die Basis für die Besetzung noch fehlt".
Dies
bewies auch die Tatsache, daß bei der Räumung nur noch 22 Jugendliche im
Haus waren, von denen aber keiner den Gruppen angehörte.
Diese
Hausbesetzung fand nicht statt, weil Gruppen, die Räume brauchten sie
vorbereitet und drauf hingearbeitet haben. Vielmehr glaubte wieder einmal
irgendein linker Student, er müsse ein Haus besetzen. Daraufhin quatschte
er die verschiedenen Leute an, die sich dann als "feste Gruppen" ausgaben.
An dieser Stelle wollen wir noch einmal betonen: Wir verurteilen keine
Hausbesetzung, die gut vorbereitet und notwendig ist. Aber das, was in der
Lützowstraße passierte, schadet mehr als als das es nützt.

Polizei riegelt das leergeräumte
Fabrikgebäude mit Stacheldraht ab.
Foto aus: Signal, 3-72
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