Jugendamt schließt
Flamingo-Club - Presseberichte
Der Telegraf vom 11.1.1972
Go-in bei Gleitze
Mündliche Zusage des Bürgermeisters
Wegen baulicher Mängel wurden am Freitag vergangener Woche die Räume des
Flamingo-Klubs in Schöneberg von der Abteilung Jugendförderung des Bezirks
gesperrt. Die Mitglieder des Jugendklubs sahen darin mehr eine politische
Absicht und trafen sich gestern zu einem Go-in bei Bezirksbürgermeister
Alfred Gleitze.
In Eigenarbeit hatten die jungen Leute im Dezember die Räume des Klubs
umgebaut und wollten den ehemaligen Beatschuppen zu einem Jungarbeiter-
und Schülerzentrum umfunktionieren. Doch gleich nach der Eröffnung am
vergangenen Donnerstag wurden die Räume gesperrt.
Die Jugendlichen wollen nun die festgestellten baulichen Mängel — ein
lockeres Geländer und unsachgemäß angeschlossene Lampen — selbst in
Ordnung bringen.
Bürgermeister Alfred Gleitze gab ihnen die mündliche Zusage, daß sie ab
heute in die Räume dürfen, um diese Arbeiten vorzunehmen. Außerdem will er
sich dafür einsetzen, daß die Jugendlichen, wenn es irgendwie möglich ist,
mit ihrer sozialpädagogischen Gruppenarbeit auch in Zukunft fortfahren
können. |
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Die Wahrheit
vom 11.1.1972
Gestern in Schöneberg
Jugendliche
protestierten gegen Heimschließungen
Mit einem Go in beim Bezirksbürgermeister Schönebergs protestierten
gestern mittag Jugendliche gegen die Schließung des Flamingo-Clubs in der
Belziger Straße.
Innerhalb weniger Tage ist damit das dritte Jugendheim von administrativen
Maßnahmen seitens des Senats sowie des jeweiligen Bezirksamtes betroffen.
Erst am 30. Dezember 1971 berichtete der Vorsitzende des Verbandes
Deutscher Nachbarschaftshilfe über die mangelnde finanzielle
Unterstützung der Jugendarbeit im Märkischen Viertel, die zur Schließung
des 1 Jugendheimes „Treff MV" "-führte. Ebenso in Schöneberg: Das „hand
drugstore" Jugendclub e. V. hatte die finanziellen ' Verpflichtungen für
den Jugendclub aus eigener Initiative nicht ( mehr aufbringen können. Als
gestern die Zwangsräumung des Jugendclubs bevorstand, fanden sich
annähernd hundert Jugendliche ein, um dagegen zu protestieren.
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Durch mehrere
Bürgschaftsangebote konnte vorerst eine Aussetzung der richterlichen
Maßnahme bis zum 29. Februar erreicht werden.
Auch die Jugendlichen des Flamingo-Clubs verbuchten gestern einen Erfolg.
Bezirksbürgermeister Gleitze mußte ihre Forderungen als berechtigt
anerkennen. Die Jugendlichen wiesen in einem Flugblatt darauf hin, daß die
beabsichtigte Schließung des Clubs offensichtlich in Zusammenhang steht
mit einer erst kürzlich erfolgten Änderung des Jugendclub-Programms. Seit
Anfang Januar ist nämlich ein Programm festgelegt worden, das sich mit der
Ausbeutung am Arbeitsplatz, mit der Rolle der Gewerkschaften und den
Möglichkeiten der Lehrlinge und Jungarbeiter bei einer Organisierung
beschäftigt. Es wurde die Forderung erhoben, bei einer eventuellen
Sanierung des Gebietes den Jugendlichen Ersatzräume zur Verfügung zu
stellen. |
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